24 Mai

Ehe Mal

Ehe | ich ihr | Verlies

Waren | wir | zwei | mal | glücklich

Zu | Frieden | hat es nicht gereicht

Scheiden sich die Geister

24 Mai

Pottery Slam (gänzlich ungeeignet zum stillen Konsum)

 

Gestern hab ich den Paarreim entdeckt /

Itzt schreib ich Gedichte, auch wenn’s oft aneckt /

Es handelt sich dabei übrigens um moderne Mingel-Paare /

Die leben oft in Fernbeziehung und häufig kommt der eine gar nicht mehr wieder und wenn doch, dann nach so langen Silben, dass man schon gar nicht mehr merkt, wie ich geschummelt habe /

Ich reime also gut und munter /

Und damit man auch hört, dass sich wieder ein Paar gefunden hat, geh ich immer am Ende mit der Stimme runter /

Für meine Scam-Poetry mische ich KIZ mit Hölderlin /

Und manchmal noch ein bisschen Yellow Submarin /

Autsch! /

Der letzte Reim krümmt sich unter Schmerzen /

und schaut mich vom Papier aus bekümmert an /

Er seufzt und sagt: „Wer heute noch reimt, muss wirklich gute Gründe haben, /

gerade als Germane sollte man auf Stabreime bauen und nicht auf ungleiche Paare.“ /

Er fragt mich, was ich von Hölderlin denn drinnen habe /

Und warum ich „habe“ schon dreimal als Endreim genommen habe /

Ich zögere, mache einen Witz über konservierte Fäkalien, und sage /

Von Hölderlin die betonte erste Silbe und zweitens, weil ich es so empfunden habe /

Der Reim runzelt den Gleichklang, scheint besorgt, /

er sagt: „Das nennt man Auftakt.“ /

Ich schreibe es auf /

Er sagt: vier mal habe“schaut mich unheilvoll an /

Plötzlich stehen die Reime nackt vor mir auf, /

ein trauriger Haufen richtet sich auf: /

entdeckt aneckt /

Paare habe /

munter runter /

Hölderlin Submarin /

habe habe /

sage habe /

auf auf /

Kerl! Was denn los sei? fragen die Wortgeister im Chor: /

Ob er noch bei Trost sei, dies als Lyrik vorzutragen? /

Recht haben sie: Ich werde von nun an statt mit Poetry Scam mit Prosa Spam aufwarten: /

Zusammenkombiniert aus Statusmeldungen und Ratgebern für urbane Bierschlucker in Ausbildung, Orient und Orientierungsphase /

Das ganze Gewurstel dann durchrythmisieren wie den Gletscherexpress und nach Strich und Faden aufspannen /

indem ich dabei nur noch wie bei hundert Metern Freistil schnischnaschnappi-atme. Ich werde lauter rhethorische Fragen stellen und in einer Kneipe voll Hedonisten erzählen, dass man im Sommer aufgesprungene Lippen küssen müsse um wirklich gelebt zu haben /

Doch statt abzuheben, zu schweben, beginnt mein Text mich gemächlich an einer verspiegelten Wand entlang abzuseilen. Ich kann brüllen und schreien. Unten angekommen bin ich allein. Ich schaue zurück und erkenne: Meine Punchline hält mich für dumm /

Er rief zu uns nicht ohne Höh’n: /
Das ist nicht schon!
/
Ein Leben ohne gute Tode,
/
Ein Warten auf die schnelle Tat,
/
Wer will das schön?
/
So rief er von seinem Hohn.
/
Doch er selbst tötete nichts
/
Bis ihn dann die Tage taten.
/

Bravo“ höre ich sie sagen /

Die billigste Waffe des Schreibers: Selbstironie.“ /

Recht hat er. Jetzt ist Zweifeln angesagt. Ich betrachte mein Spiegelbild stundenlang und ekel mich, einfach weil ich das mit dem Ekelspiegel schon so oft gelesen habe /

Der Spiegel lacht, es klirrt nicht mal gemein: /

Er sagt, er fände meine Vergleiche schön wie eine Rose und meine Sprache ganz geil. Klar, ich bin keine blonde Frau, aber wär doch alles halb so wild /

sagt er, er ewarte nur ein bisschen carpe diem mit Selbstreflex und ein provokantes Bild /

Oje! Da kommen schon wieder Paarreim aus den Fugen gekrochen. Wild und Bild blitzen mich an, toben, als hätt ich was verbrochen /

Sagen: Kerl! Das kann doch nicht alles gewesen sein“ /

Das Leben: wirklich hundsgemein /

Ich betrachte mein Spiegelbild stundenlang und ekel mich, einfach weil Refrains hier eine starke Lobby haben /

Doch sechs Minuten sind noch immer nicht vorbei. Ich versuche also weiter mit klobigen Fingern die Seelenharfe anzuschlagen. Die Seele. Die Rosaroten Rosenblüten /

Doch, oh weh, es klingen keine Harfenklänge, stattdessen tausend wütende Silben, die freie Liebe fordern und sich ganz ohne mein Zutun paar’n /

und meine rostige Metrik zum entgleisen bringen /

Ich reagiere sofort, setze auf Inhalt, sage etwas efrauzipiertes über Dativ, Liebe, Bart und Bauch, erzähle eine Anekdote über Strassenlaternen und Substanzenmissbrauch. Dann mache ich noch einen Outsiderwitz über schwizer-dütsche Dialektik. Das macht rebellisch und erwachsen, hipp ohne Hippster zu sein, ich fahre ohne Licht, ein Spiessrutenlauf zwischen verlorenen Nebensätzen, unnötigen Semikola, ich beuge mich unter einer genrèfremden Regieanweisung durch, verliere den festen Satzbau unter der Feder, wanke irrlichternder Apostrophitis entgegen, stolpere über eine ausgestreckte Fussnote und breche mir das Ego auf Seite drei unten /

Im Spital findet ein Slam statt, Monat für Monat. Hier muss ich aufstehen, gehen lernen /

Doch was bleibt mir zu sagen, fiebrig auf der Bühne, vor mir ein Meer aus geputzten Gesichtern. Auch Freunde warten, in rosatoren Bademänteln und winken mir vorm Scheinwerfer zu. Was bleibt zu sagen, im grellen Licht, neben Prosa Spam und Poetry Scam – was zu ertragen? /

Für heute habe ich mir folgendes ausgedacht: /

Ich gründe eine Rosa Gang und betreibe Pottery Slam, /

schlage im Finale einen Salzstreuer kaputt /

und flüster am Ende: /

Scherben bringen Schutt” /

Dankeschön.

01 Mrz

Variationen des Gleichen (Eines Frühlingsmorgen)

Für die, die ich geliebt habe und all jene, die ich nicht Lieben konnte.

Damals, als die Zukunft noch Vergangenheit und alles wie immer war, war die Zeit frei. Sie lebte draussen. Niemand hatte sie je wahrgenommen, manchmal aber, lief sie gerade, bald im Zickzack und zuweilen flog sie davon. Als ein findiger Jemand auf die Idee kam, sie in die Uhr zu sperren, Seither ist der Moment zumeist nur noch ein verschwindender Augenblick, ohne je eigene Dauer.

Du wendest dich ab noch bevor ich dich beschreiben konnte. Entziehst dich dem Blick meines Schreibgeräts, die Worte, meine Worte prallen an dir ab, weil nichts unter der Oberfläche liegt, was du zeigst. Alles, was ich also tun kann, ist dich zu imaginieren. Und indem ich dich imaginiere, erschafft und behauptet sich mein Ich als impliziter Erzähler dieses Texts. Jetzt, wo ich mich frage, wie ich dich entwerfen soll, sehe ich mich verwiesen auf mich selbst. Und bin gezwungen: zu Verwerfen.

Das Alte – das Neue? Im Fluss der Zeit – wir fliessen dahin und werden geflossen, schwemmen, treiben dahin. Wohin? Ein rettender Anker, eine Stege, eine Schnelle, – was und wo sind die Ufer im Fluss der Zeit? Wo sind die eigenen und gemeinsamen Möglichkeiten? Freiheiten? Wer sind wir? Ich, Du, ein Wir? Was bleibt, war, ist und wird? Was wird getan – werde ich getan?

Abstrakt, konkret – konkret, abstrakt – wir tun, was uns tut oder wir werden getan. Können wir Schwimmen oder müssen wir aussteigen, brauchen wir das Wasser, die Quelle und wo bleibt, die rettende Treppe? Und wo die wärmende Sonne, die sich gebettet in Wolken seit Wochen nicht mehr gezeigt hat?

Nichts wurde wie es morgen war und gestern gewesen sein wird, wo die Möglichkeiten verharren im Angesicht der Zeit, Möglichkeiten kommen zu, verweilen und drehen sich langsam ab, bleiben, wo sie waren und platzen wie der Schaum von Champagner – zunächst edel, dann schmecken sie schal und trocken.

Wir atmen und gehen, jeder für sich am Morgen, Mittag und abends liege ich wach – alleine. Wo ist die Karte, wo bleibt der Kompass? Die Wege, die wir gehen, gibt es noch nicht, sind noch nicht beschritten worden. Vielleicht gehen wir auf Äckern. Bald hinterlassen wir Spuren, setzen Marken, Wegmarken, an die wir uns erinnern und vergessen, wo sie bleiben. Sie sind und sind unentdeckt. Verdeckt und immer schon vergessen. Wir sehen uns um, sehen Spuren, sehen uns – Ahnung von anderen Wegen, die, sobald wir ihnen folgen, verschwinden im Dickicht der Zeit. Wohin sie wohl führen mögen?

Wir können wollen und wollen können aber können nicht können. Hüben wie drüben vom Fluss der Zeit. Ufer. Wirre, verwirrte, nächtliche Gedanken: Worte, Halbsätze – dunkel und unverständlich – manchmal ein Wort, ein Fragment eines Satzes und dann ein Bild – unbekanntes, ungeschriebenes, in keiner Sprache gesagtes.

Ein letzter Augenschein
bald vergangener Zeit

Noch ist’s nicht.
Nicht vorüber
Und doch schiebt und
Drängt die Vergangenheit
Uns nach vorn
Und das Gewesene
Weit von uns Weg.

Ein Erster Augenschein noch
Nicht gekommener Zeit

Noch scheint sie nicht
Die Sonne von morgen
Und doch kommt sie
Daher gerannt – die Zukunft,
die so gleich und doch ganz anders
scheint.

Noch ist’s jetzt
Und bald Erinnerung
Und Dankbarkeit
Für die grosse Zeit

Es ist Nacht. Ich bin eingeschlafen.

Jetzt, wo es weder Zukunft noch Vergangenheit gibt und nichts ist, wie es immer war, ist die Zeit nichts. Sie bleibt, was sie war, damit alles wird, wie es nie gewesen sein wird. Draussen und Drinnen. Ich nehme sie nicht war, obwohl die Uhren ticken. Der Moment – eine Ewigkeit, eine berstende Ewigkeit von verschwindend kurzer Dauer.

Der Morgen – der Morgen danach. Wonach? Augen blinzeln dem Licht entgegen und vernehmen Farben. Zum ersten Mal seit langem erscheint die für Weiss gewusste Zimmerdecke in Pastelltönen. Blau und Rosa wechseln sich ab – die goldene Frühjahrssonne fällt ins Zimmer. Blinzeln – Augenblicke am Morgen danach, nach dem Erwachen, aufwachen nach einer unendlich langen und kalten Winternacht. Finster und kalt war es draussen und drinnen, wobei unklar ist, ob das düstere kontrastlose Grau von Innen oder Aussen kam. Die Antwort vielleicht; am Morgen danach spielt alles keine Rolle mehr – denn jetzt scheint sie, die Sonne, hell am Morgen. Am morgen danach, wenn die Welt zum Leben und man selbst zu Neuem erwacht. Wenn anderntags, das Gefühl im Bauch sich ausbreitet –ich bin – ich bin, der ich bin. Und die Antworten auf die beiden Fragen, wer ich und wer ich ist, einerlei wird.

Die Welt liegt vor der Zimmertür und alles, was ich tun muss, ist diese Tür zu öffnen und die Welt betreten. Ich als Teil von ihr – am Morgen – am Morgen danach, am Morgen nach der kältesten und längsten Winternacht. Jetzt: Wir sind – wir, die Welt und ich.

Ich suche den Ort, wo die Möwen wohnen –
Wo die ewig obdachlosen
frei geborenen umherziehen.

Ich suche das Leben, das die Möwen leben –
Wie die ewig obdachlosen
frei geboren umherziehen.

Jetzt, wo die Sekunden wie Stunden und die Stunden ohne Sekunden sind. Warten auf und erwarten von. Ich bin und bin nicht im Moment der Suche man selbst. Die Uhren ticken. Und alles bleibt, weil nichts war, wie es gewesen sein wird.

Eine Anleitung an mich selbst: 1. Menschen wahrnehmen, 2. Ziele verfolgen, 3. Pläne schmieden, 4. Zufälle feiern, 5. Widersprüche aushalten, 6. in Musik aufgehen, 7. um Worte ringen, 8. Sinnliches geniessen, 9. steinige Wege gehen, 10. Neues versuchen, 11. dankbar bleiben, 12. rastlos werden, 13. finden statt suchen! Und endlich: das Leben leben.

Und vielleicht auch noch: Schreiben, um Gedanken vorüber ziehen zu lassen. Festhaltendes loslassen. Sehen zum hören. Nach Sätzen suchend lasse ich die Gedanken schweifen. Beschreibe mich in der Welt und erfrage den Klang ihren Klang. Höre das Erzählen in mir –draussen auf dem Papier.

Ich fliege – aber bin ich eine Möwe?
Habe ich es gefunden
Das Leben, das sie führen?

Jetzt, ich spüre sie – die Zeit. Langsam vergehen kurze Zeitspannen während die Jahre rasen. Und  jetzt gibt es  nur eins. Es ist morgen und wir sind eins. Wir, die Welt und ich.

03 Jan

Traumberufe 2

Tagträumer bei Nacht
Nachtwächter bei Tag
Armleuchter im Solarium
Schirmherr im Regen
Herrscher der Schären
Herrscher der Scheren
Messdiener mit Zollstock
Zöllner in Sabamidastan
Zöllner des Respekts
Speckes im Schweinemagen
(Man schmeckt die Redundanz)
Vermögender Nichtsnutz
Sonntagsfahrer im Montagswagen
Beeindruckender Impressionist
Expressionist in der Druckerei
Drückeberger im Bergwerk
Tagungsleiter unter Tage

Tag
Nacht
Arm
Schirm
Herr
Herr
Mess
Zöll
Zöllner
Speck
(Man
Vermö
Sonn
Beein
Express
Drücke
Tag

24 Nov

Traumberufe

Buchhalter einer Buchhandlung
Sicherheitsbeauftrager einer Versicherung
Manager einer Manege
Ermittler im Mittelstand
Standesbeamter im Ruhestand
Bestatter im Staatsarchiv
Stadtschreiber im Exil
Informatiker am Infoschalter
Telefonist im Fernsehen
Seezunge im Wattenmeer
Wärter im Wartesaal
Rezeptionist einer Apotheke
Restaurateur im Restaurant
Hauswirtschaftslehrer der Leere
Wirtschaftsmathematiker beim Schaffen
Übersetzer auf einer Fähre
Polizist im Porzelanladen
Schläger am Schlagzeug
Zeuge im Zeughaus
Hausierer zuhause
Pflaumenopa in der Oper
Hotdog mit Schinken
(Man schmeckt die Redundanz)
Offizier im Büro
Laminierter Lamentierer
Internist im Ministerium für Inneres
Bestimmer des Stimmvolkes
Parlamentarier im Parlament mit Transparent
Buchhalter einer Buchhaltung

Traum

Buchhalter einer
Sicherheitsbeauftrager einer
Manager
Ermittler i
Standesbeamter
Bestatter i
Stadtsc
Informatiker a
Telefonist
Seezunge in
Wärter
Rezeptionist e
Restaurateur
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Wirtschaftsmathematiker
Übersetzer auf
Polizist im
Schläger a
Zeug
Haus
Pflaumeno
Hotdog
(Man schmeckt
O
Laminierte
Internist im Minister
Bestimmer des
Parlamentariers
Buchhalter eine

 

19 Okt

Eins

Eins

Du hast mein Herz gemagen, zielend auf keins.

Mein Mund machst du in Augen, es blinzelt, eieiei,

verteidigt ohne Grund der Ohren Ohren, der Wangen Wangen,

der Lippen, der Frisur egal, das Haar kürzer,

ungeschnitten, nass auf dem Boden.

Fliehend auf zwei hoffende Augen –

Wilde friert, vom Warten vereist, von Worten,

von Gesten verraten: Ein in Papier geritzter,

ein psychosomatischer, ein Fehler zwischen

menschlicher Strategie. Ein ernster Pipi.

Auf drei Worte hoffend / Auf Wider schaun

 

Samuel Eberenz, Januar 2013

S.A. Agulhas II

18 Okt

Die Frage nach dem Sein

Jede Suche hat
Seine Vorläufer
Lineup ist der Vorgänger
Von jedem Zustand.
Ihre Suche dauerte
Sklaven und Kreaturen
So anspruchslos
Beantragt wird
Die Frage,
Die Frage zu stellen,
Um zu offenbaren
Probleme…
Keine Möglichkeit…
Alle Fragen nach …
Keine Weise…
Requests Fragen
Sorgfältig alle
Zeichen abgetastet.
Fragen, warum
Er gefragt,
Hören den Wunsch
Nur nicht, was
Ein Befragter gefragt
Aber eine Antwort
In ihrem Wesen
Direktion Flüchtlinge.

Frage kommt Abgang.

12 Okt

Morning Meditation

a monk among monks
did it – possibly wrong
depicted a moon
it was cold, pale, and small

turning back to the sun
a star among stars
humming a tune
we can hear when we

turn off the world
threw him on his head
as he tried to get up
he fell straight back to bed