14 Mrz

Poetische Stadterkundungen II

Vom HB übers Central ins Niederdorf zum Kunsthaus

 

Montag ist ein schläfriger Tag
draußen empfängt mich ein Regenschleier
vagabundieren im Abendverkehr auf eigene Gefahr
wir könnten hoch hinauf bis
au premier
ich spiele dir ein kleines Nachtstück
irgendetwas mit Moll
Melancholie ist meine Art von Folie

Liegt die beste Zeit deines Lebens
in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft?
Gesprächsstoff zum Verweben einsamer ausgefranster Single-Leben
lebe jetzt!
das ist ein Befehl!
perfect job Agentur
steht auf einem unscheinbaren kleinen Schild
wir versprechen dir ein makelloses Leben
erlebnisfrei und erfahrungsarm

I always want more
nicht dem Stillstand anheim fallen
flüstert mir die Stadt ins Ohr
ich blicke hoch zum imposanten Central Plaza
ein Mann hoch oben rechts unter dem Dach
zieht einen Vorhang schüchtern auf
ich fixiere ihn mit meinem Blick
folge seinen bedächtigen Gesten
er sieht seine Beobachterin nicht
der Vorhang fällt

Trockenes Auge – was ist zu tun?
Tränen nähren Traumsphären
der Traumatologe: männlich, Singular; der Traumatologe befasst sich mit dem Aufspüren verdrängter, in den wellenförmigen Faltungen des Unbewussten sedimentierter Wünsche die mittels modernster Technologie materialisiert werden

Let the sun shine
ich bin ein Einzelstück
und lass mich nicht reduzieren
warum Frauen anders sind
und Männer anderer
suche. spüre. finde.

Noch 10 Schritte bis …
zur Creperie am Hirschenplatz
Nachtzuschlag inklusive
wir sehen uns tribal art bei Herrn Fröhlich an
und trinken Kaffee mit zart geschlagenem Milchschaum bei Frau Schlauch
auf dem Weg zum Mutterschiff
streife ich das Kunsthaus

Von eleganten spitzen Kerzenleuchtern umschlungen
unterhalten sich zwei mondäne Damen
prachtvolle Haargeweide stoßen aneinander
ihre Krägen plustern sich auf
im Gebäude nebenan
treffen frivole Lichter aufeinander
lassen ihrem Spieltrieb freien Lauf

ich husche ins Tram
der Vorhang fällt.